| Leben
als Bahai
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1)
Selbständige Suche nach Wahrheit
"Alle Religionen wurden nach und nach durch
Überlieferungen und Dogmen eingeengt. Alle halten
sich jeweils für die einzigen Hütter der Wahrheit
und meinen, dass jede andere Religion aus Irrtümern
besteht." Abdul-Baha
Alle
Menschen werden in ein soziales Umfeld bzw. eine bestimmte
Kultur hineingeboren. Als Kinder übernehmen wir
die Vorstellung unser Eltern über alle wichtigen
Bereiche des Lebens. Da es viele falsche Sichtweisen
gibt, werden auch sie mitübernommen. Später
werden wir kritischer; unsere Erfahrung wächst
und wir können die Wahrheit selbständig erkennen.
Die Bahai-Religion lehrt, dass der Mensch mit 15 Jahren
das Reifealter erreicht und damit die Fähigkeit,
die Wahrheit selbständig zu erkennen. Ab diesem
Alter ist es möglich, Bahai zu werden. Wenn jemand
die Gnade erfährt, die Offenbarung für die
heutige Zeit zu erkennen, heißt das nicht, dass
er damit schon alle falschen Überlieferungen, Aberglauben
und Vorurteile überwunden hat, aber er übernimmt
die Pflicht, diese Schleier des Irrtums abzubauen. Da
die Offenbarung Gottes der Reife der Menschheit angepasst
ist, hat jeder die Möglichkeit, sie als wahr zu
erkennen und sich damit die größte Quelle
des Glücks zu erschließen. | |
2)
Tägliches Gebet
"O Sohn des Seins! Erwähne Mich auf Meiner
Erde, damit Ich deiner in Meinem Himmel gedenke. So
werden Meine Augen und deine Augen beglückt sein."
Baha'u'llah
Das
Gebet, das mit reinem andächtigen Herzen gesprochen
oder gesungen wird, ist ein wesentlicher und wirksamer
Schritt zur geistigen bzw. seelischen Entwicklung des
Menschen. Alle Offenbarer Gottes haben gelehrt, dass
wir geistige Zwiesprache mit Gott halten sollen.
Die
Heiligen Schriften der Bahai enthalten Gebete in reicher
Fülle. Es gibt Gebete für viele verschiedene
tägliche und festliche Situationen.
Dem
Bahai ist geboten, täglich ein Pflichtgebet in
stiller Zurückgezogenheit zu sprechen. Dabei haben
die Gläubigen die Auswahl zwischen drei verschiedenen
Pflichtgebeten, die sich durch Zeitpunkt der Andacht,
Form und Länge unterscheiden.
Alle
Bahai-Treffen sollen mit gemeinsamem Gebet eingeleitet
werden. Dies gilt auch bei Wahlen in die Gremien der
Bahai-Verwaltungsordnung. Wenn in einer Beratung Schwierigkeiten
auftreten, kann durch gemeinsames Gebet Einklang gefördert
werden.
Der
erste Teil des Bahai-Neunzehntagefestes, das eine wesentliche
Grundlage des Gemeindelebens bildet, ist eine Andacht,
in der gebetet und aus den Heiligen Schriften gelesen
wird. | |
3)
Fasten
"Wir haben euch geboten, vom Reifealter an
zu beten und zu fasten." Baha'u'llah
Der
letzte Monat des Bahai-Jahres ist der Monat des Fastens
(2. - 20. März). Zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang
enthält man sich von Speise und Trank. Das Fasten
ist nicht nur eine wohltätige Maßnahme für
die körperliche Gesundheit. Abdul-Baha erklärt,
dass das körperliche Fasten uns daran erinnern
soll, nicht selbstsüchtig zu sein bzw. immer nur
unseren eigenen Wünschen zu folgen, sondern sich
dem Willen Gottes unterzuordnen. Dadurch fördert
das Fasten die geistige und seelische Entwicklung der
Menschen. |
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4)
Verbundenheit mit dem Wort Gottes
Den Bahai ist geboten, täglich morgens und abends
in den Heiligen Schriften zu lesen.
Ein
Teil des Neunzehntagefest, das eine wesentliche Grundlage
des Gemeindelebens ist, ist eine Andacht, in der gebetet
und in den Heiligen Schriften gelesen wird. Auch in
den Feiern anlässlich der Bahai-Feiertage ist das
Wort Gottes ein wesentlicher Bestandteil. | |
5)
Geistige Entwicklung
"Edel erschuf ich dich, du aber hast dich selbst
erniedrigt. Erhebe dich doch zu dem, wozu du erschaffen
wurdest." Baha'u'llah
Für
ein vernünftiges Verhältnis zum Wohlstand
und zu gesunder Lebensweise, als Basis für Partnerschaft
und Ehe und als Grundlage einer angebrachten Weltsicht,
welche Voraussetzung für Frieden und Einheit der
Menschheit ist, ist es notwendig, dass jeder Mensch
eine geistige, seelische Entwicklung nimmt. Aus den
Heiligen Schriften der Bahai wurden folgende sechs Schritte
zum geistigen Wachstum abgeleitet.
1.
Das tägliche Sprechen eines Pflichtgebets
2.
Das tägliche Lesen der Heiligen Schriften
3.
Das Nachdenken (Meditieren) über die religiösen
Lehren
4.
Unser Verhalten und unsere Taten sollen im Einklang
mit den religiösen Lehren sein
5.
Das Lehren der Sache Gottes
6.
Selbstloser Dienst im Glauben und im Beruf
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Sitz des Universalen Hauses der Gerechtigkeit, Bahai Weltzentrum, Haifa, Israel |
6)
Reine Lebensweise
"Gott wünscht fürwahr, dass alle
Menschen allezeit, innerlich wie äußerlich
eine Reinheit ziere, die keine Abneigung gegen sich
selber, noch viel weniger gegen andere entstehen lässt."
Der Bab
Mit
dem Wissen über das Wesen des Menschen wird es
klar, dass nicht nur der Körper Pflege und Gesundheit
benötigt sondern, dass vor allem die Seele der
Reinheit bedarf und sich durch gesittetes Verhalten
und reine Taten zu entfalten und entwickeln vermag.
Liebevoller Umgang mit den Mitmenschen und Respekt vor
ihrem Leben, ihrer Würde und ihrem Besitz sind
erforderlich. Gerechtigkeit sollte uns leiten. Den Bahai
sind Höflichkeit und Reinheit der Sprache geboten.
Jegliche Form von Gewalt steht in krassem Gegensatz
zur reinen Lebensweise. | |
7)
Familie
"Beachte, wie leicht sich die Angelegenheiten
einer Familie regeln lassen, wenn Einheit herrscht,
welche Fortschritte die Familienmitglieder dann machen,
wie erfolgreich sie in der Welt sind." Abdul-Baha
Die
Bahai sehen in der Familie die Grundlage der Gesellschaft.
Solange dieses äußerst wichtige Fundament
nicht gesund und geeint ist, kann die Gesellschaft nicht
gesund und geeint sein. Die Einehe ist die Basis der
Familie. | 
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8)
Ehe
"Und erhaben über jede andere Verbindung
ist die Verbindung der Menschen miteinander, besonders
wenn sie in der Liebe Gottes zustandekommt." Abdul-Baha
Die
Bahai sind sich der außerordentlich wichtigen
Bedeutung der Ehe als Grundlage von Familie und Gesellschaft
bewusst. Die Bahai-Lehren sehen die Einehe vor, und
Baha'u'llah macht die Eheschließung von der Zustimmung
beider Partner und ihrer Eltern abhängig. Wenn
beide beteiligten Familien in ihrer Zustimmung zur Ehe
einig sind, hat diese Ehe eine bessere Aussicht auf
Erfolg. Die Bahai-Beratung ist ein vorzügliches
Mittel zur Entscheidungsfindung in der Ehe. Treue und
Aufrichtigkeit sind lebenswichtig für die Ehe.
Scheidung ist möglich, aber nur als letzte Lösung
zu betrachten, wenn alle Versuche einer Versöhnung
gescheitert sind.
Die
äußere Form der Bahai-Eheschließung
ist von schlichter Würde getragen: Einzige Bedingung
ist, dass Bräutigam und Braut in Gegenwart von
zwei Zeugen sprechen: "Wir wollen uns wahrlich
ganz an Gottes Willen halten."
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9)
Kindererziehung
„Betrachte den Menschen als ein Bergwerk,
reich an Edelsteinen von unschätzbarem Wert. Nur
die Erziehung kann bewirken, dass es seine Schätze
enthüllt und die Menschheit daraus Nutzen zu ziehen
vermag.“ Baha'u'llah
Bahai-Eltern
tun alles, um ihre Kinder in der Liebe Gottes aufzuziehen,
ihren Charakter zu entwickeln und ihnen nützliches
Wissen zu vermitteln, damit sie zu gesunden, glücklichen
und nützlichen Mitgliedern der Gesellschaft werden.
Kindererziehung ist eine äußerst wichtige
und schwierige Aufgabe und eine enorme Verantwortung.
Wir müssen ihr sehr viel Zeit widmen, wodurch auf
andere Tätigkeiten verzichtet werden muss. Das
Wohl der Kinder hat immer Vorrang. Die Mutter ist die
erste Erzieherin der Kinder. Wichtig ist, dass die Kinder
immer genügend Liebe und Aufmerksamkeit erhalten,
um ihren Körper, ihren Verstand und ihre Seele
zu entwickeln.
Bahai-Eltern
müssen sicherstellen, dass ihre Kinder über
alle großen Religionen unterrichtet werden, damit
sie befähigt werden, die Wege zu der einen Wahrheit
in den Religionen zu erkennen und später, wenn
sie in ein Alter kommen, wo dies möglich ist, durch
selbständiges Forschen eigenständige Erkenntnisse
der Wahrheit zu erlangen.
Die
Kinder werden ermutigt, Umgang mit Menschen aus allen
Völkern und Religionen zu pflegen. Sie lernen Wertschätzung
für alle Kulturen und Achtung vor den Beiträgen
ihrer Vertreter. Sie sollen lernen, die Ideen anderer
zu respektieren und ihnen mit wohlwollender Offenheit
und wachem Verstand zu begegnen. Die Kinder werden unterwiesen,
sich als Bürger der Welt zu sehen. Vor allem lehren
die Eltern gerechtes Handeln und gesittetes Verhalten
durch das Beispiel ihrer eigenen Lebensweise. | |
10)
Arbeit als Gottesdienst
"Ihr müsst edle, köstliche Früchte
tragen, euch und anderen zum Nutzen."
Baha'u'llah
Müßiges
Herumsitzen ist mit der Würde des Menschen nicht
vereinbar. Kinder müssen bestens ausgebildet werden
und Erwachsene in einem Beruf tätig sein. Arbeit
sichert ein vernünftiges Maß an Wohlstand.
Die Bahai-Religion lehrt, dass Arbeit, wenn sie mit
einer Haltung der Dienstbarkeit ausgeführt wird,
Gottesdienst ist. Dienstbarkeit bedeutet das allgemeine
Wohl dem eigenen vorzuziehen. Hierbei ist zu beachten,
dass nicht immer Berufstätigkeit im strengen Sinn
gemeint ist. Natürlich gilt das Versorgen und Erziehen
von Kindern, Tätigkeit im Haushalt sowie das ernsthafte
Studium nützlicher Wissenschaften als Arbeit. In
der Bahai-Religion gibt es keine Priester. Der Dienst
für den Glauben befreit nicht von der Pflicht der
Berufstätigkeit. |
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11)
Hilfe für die Welt
O Volk Gottes! Befasst euch nicht rastlos mit eueren
eigenen Belangen! Lasst euere Gedanken fest auf das
gerichtet sein, was das Glück der Menschheit wiederherstellen
und der Menschen Herzen und Seelen heiligen wird."
Baha'u'llah
Aufgabe
der Religion ist es, die Entwicklung der Menschen zu
fördern und soziale Gerechtigkeit zu verwirklichen.
Dazu ist oft auch konkrete praktische Unterstützung
nötig. Die Bahai führen dafür weltweit
eine große Zahl von Projekten der sozialen und
wirtschaftlichen Entwicklung durch (derzeit über
11.600). Die direkte materielle Hilfe ist dabei nur
von untergeordneter Bedeutung. Entscheidendes Kriterium
für Hilfsprogramme der Bahai ist es in der Regel,
dass eine Grundlage gelegt wird für eine weitere
Entwicklung ohne Hilfe von außen. Erziehung und
Ausbildung spielen deshalb bei diesen Projekten besonders
häufig die wichtigste Rolle. So werden die Menschen
in die Lage versetzt, ihr eigenes Leben besser zu meistern.
Auch Programme für Hygiene und Gesundheit zielen
in diese Richtung. Dazu kommen zum Beispiel Projekte
im Agrarbereich oder für die Dorfentwicklung.
Stets
ist es Voraussetzung, dass die örtliche Gemeinschaft
das Projekt selbst trägt; von außen aufgesetzte
Hilfsmaßnahmen außerhalb der Eigenverantwortung
der Menschen vor Ort bringen keine Ermutigung und bewahren
nicht die Würde der Menschen, die Hilfe brauchen.
Die in jeder Bahai-Gemeinschaft praktizierte Beratung
hilft dabei, die Verantwortung zu fördern. |
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