Forum
Kontakt
Links
Meditative Texte

 

DIE SEELE
PRÜFUNGEN UND LEIDEN
GEISTIGE HEILUNG
GEBET UND MEDITATION
WAHRE LIEBE
LEBEN NACH DEM TOD
INTERRELIGIÖSER DIALOG
DIE VERBORGENEN WORTE
DIE GOLDENE REGEL
SCHMERZ UND SORGE
DIE ZWEI NATUREN IM MENSCHEN
GÖTTLICHE LEBENSKUNST
MEDITATIONSTEXTE
ANSPRACHEN IN PARIS
GEISTIGE THEMEN
DIE BAHA'I RELIGION
BÜCHER FÜR SEELE UND GEIST

Willensfreiheit

Willensfreiheit

Frage: Ist der Mensch in allen seinen Handlungen frei, oder handelt er gezwungen und ohne freie Wahl?

Antwort: Diese Frage ist eine der wichtigsten und schwerverständlichsten göttlichen Probleme. Wenn Gott will, werden wir ein anderes Mal gleich zu Beginn der Mahlzeit uns ausführlich mit der Erklärung dieser Frage befassen; jetzt wollen wir sie nur kurz und in wenigen Worten erläutern. Einige Dinge, wie Gerechtigkeit, Unparteilichkeit, Gewalt und Ungerechtigkeit, unterstehen dem freien Willen des Menschen, wie auch alle guten und schlechten Taten; es ist offenkundig und klar, daß diese Handlungen weitgehend dem Willen des Menschen überlassen sind. Aber es gibt gewisse Dinge, zu denen der Mensch gezwungen ist und denen er sich unterwerfen muß, wie Schlaf, Tod, Krankheit, Verfall der Kräfte, Verletzungen und Unglücksfälle; diese Dinge unterstehen nicht dem Willen des Menschen, und er ist nicht verantwortlich für sie, denn er ist gezwungen, sie zu erdulden. Aber in der Wahl guter und schlechter Taten ist er frei, und er verübt sie nach seinem eigenen Willen.

Zum Beispiel kann er, wenn er will, seine Zeit damit zubringen, Gott zu preisen, oder er kann mit anderen Gedanken beschäftigt sein. Er kann ein durch das Feuer der Liebe Gottes entzündetes Licht sein und ein Menschenfreund, der die Welt liebt, oder er kann ein Menschenhasser und tief in materielle Dinge versunken sein. Er kann gerecht oder grausam sein. Diese Handlungen und diese Taten unterstehen der Kontrolle des Willens des Menschen selbst, folglich ist er für sie verantwortlich.

Aber nun erhebt sich eine andere Frage: Der Mensch ist völlig hilflos und abhängig, denn Macht und Stärke sind hauptsächlich Gott zu eigen. Sowohl Erhöhung als auch Erniedrigung hängen vom Wohlgefallen und Willen des Höchsten ab.

Im Evangelium heißt es, daß Gott einem Töpfer gleicht, der »ein Gefäß zu Ehren und das andere zu unehren« macht.¹ Das entehrte Gefäß hat nun nicht das Recht, den Töpfer zu tadeln und zu sagen: »Warum hast du mich nicht zum kostbaren Becher geformt, der von Hand zu Hand gereicht wird?« Die Bedeutung dieses Verses ist, daß die Stufen des Daseins verschiedene sind. Was auf der niedrigsten Stufe des Daseins steht, wie das Mineral, hat kein Recht, sich zu beklagen und zu sagen: »O Gott, warum hast du mir nicht die Vollkommenheit der Pflanze gegeben?« Auch die Pflanze hat nicht das Recht, sich zu beschweren, daß sie der Vollkommenheiten der tierischen Welt beraubt ist. Gleichermaßen steht es dem Tier nicht zu, über das Fehlen der menschlichen Vollkommenheiten Klage zu führen. Nein, alle diese Daseinsformen sind auf ihrer eigenen Stufe vollendet, und sie müssen sich um die Vollkommenheiten ihrer eigenen Stufe bemühen. Die niedrigeren Daseinsformen haben, wie Wir schon gesagt haben, weder das Recht noch die Eignung für die Stufen der höheren Vollkommenheiten; nein, ihr Fortschritt muß auf der eigenen Stufe erfolgen.

¹ Römer 9:21

Auch die Untätigkeit oder die Bewegung des Menschen hängen von der Hilfe Gottes ab. Wenn ihm nicht geholfen wird, ist er nicht fähig, Gutes oder Böses zu tun. Aber wenn die Hilfe des Lebens von Gott dem Herrn, dem Großmütigen, kommt, ist er fähig, sowohl Gutes als auch Böses zu tun; wird ihm aber der Beistand entzogen, so bleibt er völlig hilflos. Darum wird in den heiligen Büchern von der Hilfe und Unterstützung Gottes gesprochen. So ist dieser Zustand dem eines Schiffes zu vergleichen, das durch die Kraft des Windes oder Dampfes getrieben wird; hört diese Kraft auf, kann sich das Schiff überhaupt nicht bewegen. Trotzdem ist es das Steuer, das das Schiff in jede Richtung lenkt, und die Kraft des Dampfes bewegt es nur in der gewünschten Richtung. Wird es nach Osten gesteuert, fährt es nach Osten, wird es nach Westen gesteuert, fährt es nach Westen. Die Bewegung aber geht nicht vom Schiff selbst aus, sondern vom Wind oder Dampf.

Ebenso empfängt der Mensch bei jeder Art von Tätigkeit oder Untätigkeit Kraft durch die Hilfe Gottes; aber die Wahl des Guten oder Bösen liegt beim Menschen selbst. Wenn zum Beispiel ein König jemanden zum Gouverneur einer Stadt ernennt, ihm die gesetzmäßige Machtbefugnis überträgt und ihm die Wege von Gerechtigkeit und Unrecht entsprechend den Gesetzen zeigt, dieser Gouverneur dann aber Unrecht tut, so wäre der König frei von Ungerechtigkeit, obwohl der Gouverneur im Namen und durch die Macht des Königs handelt. Wenn er aber mit Gerechtigkeit handelte, so geschähe auch das im Namen des Königs, der darüber erfreut und zufrieden wäre.

Das heißt, daß der Mensch, auch wenn die Wahl von Gut und Böse ihm zu eigen ist, unter allen Umständen von der Leben erhaltenden Hilfe, die vom Allmächtigen kommt, abhängig ist. Das Königreich Gottes ist sehr groß, und alle sind in der Hand Seiner Macht Gefangene. Der Diener vermag nichts aus eigener Energie; Gott ist der Starke, der Allmächtige und der Helfer aller Geschöpfe.

Diese Frage wurde zweifellos verständlich gemacht.

aus Abdu'l-Baha, Beantwortete Fragen

 

 

Meditative Texte per eMail

Wenn Sie täglich inspirierende Texte aus den Schriften der Baha'i Religion erhalten möchten, tragen Sie sich in unseren Verteiler ein.

Ihre eMail-Adresse:

Hinweis

geistigenahrung.org ist durch die Lehren der Baha'i Religion inspiriert und wurde privat initiiert.

Die offizielle Internetseite der Baha'i in Österreich finden Sie hier.

Sitemap