Die Beweise, die Wir bezüglich des Ursprungs der menschlichen Art angeführt haben, waren logische; jetzt wollen Wir die geistigen Beweise geben, die wesentlich sind. Denn wie Wir Gott durch logische Beweise bezeugt haben und verstandesmäßig bewiesen haben, daß der Mensch von seinem Ursprung und Anbeginn an Mensch war und daß seine Art von aller Ewigkeit an bestand, so werden Wir jetzt geistige Beweise aufstellen, daß das menschliche Dasein - das heißt die Art des Menschen - notwendig ist und daß ohne den Menschen die Vollkommenheiten Gottes nicht offenbar würden. Dies sind aber geistige und keine logischen Beweise.
Wir haben oft gezeigt und festgestellt, daß der Mensch das edelste Geschöpf, der Inbegriff aller Vollkommenheiten ist, und daß alle Geschöpfe und jedes Dasein die Mittelpunkte sind, von denen die Herrlichkeit Gottes zurückstrahlt, das heißt, die Zeichen der Göttlichkeit Gottes sind in den Wirklichkeiten der Dinge und Geschöpfe sichtbar. So wie die Erdkugel der Ort ist, wo die Strahlen der Sonne widergespiegelt werden - da ihr Licht, ihre Wärme und ihr Einfluß in allen Atomen der Erde sichtbar und deutlich sind -, genauso verkündet und bezeugt jedes Atom der Schöpfung in diesem unendlichen Raum eine der göttlichen Vollkommenheiten. Nichts ist von diesem Vorrecht ausgeschlossen; entweder ist es ein Zeichen der Gnade Gottes oder ein Zeichen Seiner Macht, Seiner Größe, Seiner Gerechtigkeit oder Seiner Herrschaft, die Erziehung verleiht; oder es ist ein Zeichen der Freigebigkeit Gottes, Seines Sehens, Seines Hörens, Seines Wissens, Seiner Gunst und so weiter.
Zweifellos ist jedes einzelne Dasein der Mittelpunkt des Aufleuchtens der Herrlichkeit Gottes, das heißt, aus ihm erscheinen die Vollkommenheiten Gottes und strahlen in ihm. Es ist der Sonne gleich, ob sie in der Wüste, auf die See, in den Bäumen, Früchten und Blüten und auf alle irdischen Dinge strahlt. Die Welt, ja jedes einzelne Dasein, verkündet uns einen der Namen Gottes, aber die Wirklichkeit des Menschen ist die vereinte Wirklichkeit, die umfassende Wirklichkeit, und ist der Mittelpunkt, aus dem die Herrlichkeit aller Vollkommenheiten Gottes hervorleuchtet. Das heißt, für jeden Namen, jede Eigenschaft und jede Vollkommenheit, die wir von Gott bezeugen, gibt es ein Zeichen im Menschen; wäre es anders, könnte sich der Mensch diese Vollkommenheiten nicht vorstellen und sie nicht begreifen. So sagen wir, daß Gott der Sehende und das Auge das Zeichen Seines Sehens ist; wenn diese Sicht nicht im Menschen wäre, wie könnten wir Gottes Sehen uns vorstellen? Denn der Blinde, nämlich der Blindgeborene, kann sich das Sehen nicht vorstellen; und der Taube, das heißt der von Geburt Taube, kann sich das Hören nicht vorstellen; und der Tote¹ kann sich das Leben nicht vergegenwärtigen. Also spiegelt sich die Göttlichkeit Gottes, die der Inbegriff aller Vollkommenheiten ist, in der Wirklichkeit des Menschen wider, das heißt, das innerste Wesen der Einheit ist der Sammelpunkt für alle Vollkommenheiten, und von dieser Einheit wirft Er einen Widerschein auf die menschliche Wirklichkeit. Mithin ist der Mensch der vollkommene Spiegel gegenüber der Sonne der Wahrheit und ist der Mittelpunkt der Ausstrahlung: Die Sonne der Wahrheit erscheint in diesem Spiegel. Der Widerschein der göttlichen Vollkommenheiten erscheint in der Wirklichkeit des Menschen, und so ist er der Vertreter Gottes, Sein Gesandter. Wenn der Mensch nicht wäre, wäre die Welt ohne Sinn, denn der Zweck des Daseins ist die Offenbarung der Vollkommenheiten Gottes.
¹ Das heißt, der geistig Tote.
Darum kann man nicht sagen, es habe eine Zeit ohne Menschen gegeben. Wir können höchstens sagen, daß diese Erdkugel einmal nicht existierte und der Mensch anfangs nicht auf ihr erschien. Aber vom Anfang, der keinen Anfang hat, bis zum Ende, das kein Ende hat, gibt es immer eine vollkommene Offenbarung. Dieser Mensch, von dem Wir sprechen, ist nicht jedermann; Wir meinen den vollkommenen Menschen. Denn der edelste Teil des Baumes ist die Frucht, die der Sinn seines Daseins ist; hätte der Baum keine Frucht, so hätte er keinen Sinn. Darum kann man sich nicht vorstellen, daß die Welten des Seins, seien es die Sterne oder diese Erde, einmal von Eseln, Kühen, Mäusen und Katzen bewohnt wurde, während der Mensch fehlte! Diese Annahme ist falsch und widersinnig. Das Wort Gottes ist klar wie die Sonne. Dies ist ein geistiger Beweis, den Wir aber zum Vorteil der Materialisten nicht zu Beginn vorbringen können; zuerst müssen Wir von verstandesmäßigen Beweisen sprechen, die geistigen kommen später.
aus Abdu'l-Baha, Beantwortete Fragen