Was ist die Sünde?Die physische, menschliche Welt ist der Macht der Triebe unterworfen, und Sünde ist die Folge dieser Macht der sinnlichen Begierden, die ja den Gesetzen der Gerechtigkeit und Heiligkeit nicht unterstellt sind. Der Körper des Menschen ist ein Sklave der Natur; was immer sie befiehlt, wird er tun. Es steht also fest, daß Sünden wie Zorn, Eifersucht, Streit, Habsucht, Geiz, Torheit, Vorurteil, Haß, Stolz und Herrschsucht in der körperlichen Welt vorhanden sind. Alle diese niedrigen Eigenschaften finden sich in der Natur des Menschen. Ein Mensch ohne geistige Erziehung ist wie ein Tier. Wie die Wilden Afrikas, deren Handlungen, Gewohnheiten und Sitten allein von den Sinnen bestimmt werden, handeln sie entsprechend den Ansprüchen der Natur in einem solchen Maß, daß sie einander zerreißen und fressen. So ist es klar, daß die stoffliche Welt des Menschen eine Welt der Sünde ist. In dieser physischen Welt steht der Mensch nicht höher als das Tier. Jede Sünde entspringt den Forderungen der Natur, und diese Ansprüche, die der physischen Beschaffenheit entstammen, sind beim Tier keine Sünde, während sie für den Menschen Sünde sind. Das Tier ist die Quelle von Unvollkommenheiten wie Zorn, Gier, Neid, Habsucht, Grausamkeit und Stolz; alle diese Mängel werden in Tieren gefunden, stellen aber keine Sünde dar. Beim Menschen dagegen sind sie Sünde. (FRAGEN S.121) In der Schöpfung gibt es nichts Böses; alles ist gut. Gewisse Eigenschaften und Charakterzüge, die manchen Menschen angeboren und scheinbar tadelnswert sind, sind es nicht in Wirklichkeit. Zum Beispiel kann man bei einem Säugling schon von Anfang seines Lebens an die Zeichen von Begierde, Ärger und Zorn bemerken. Es könnte also gesagt werden, Gut und Böse seien der Wirklichkeit des Menschen angeboren, und dies stehe im Widerspruch zum reinen Gutsein der Natur und Schöpfung. Die Antwort darauf ist, daß Begierde, die ja ein Verlangen nach Mehr bedeutet, eine lobenswerte Eigenschaft ist, vorausgesetzt, daß sie am rechten Platz angewandt wird. Wenn also ein Mensch begierig ist, sich Wissen und Kenntnisse zu erwerben oder mitfühlend, großmütig und gerecht zu werden, so ist dies sehr anerkennenswert. Wenn er seinen Ärger und Zorn gegen blutdürstige Unterdrücker, die wilden Tieren gleichen, richtet, so ist dies sehr lobenswert; wenn er aber diese Eigenschaften nicht in der richtigen Weise anwendet, so sind sie zu tadeln. (FRAGEN S.211) Denn als sich Geist und Seele Adams mit der irdischen Welt verbanden, gerieten sie von der Welt der Freiheit in die Welt des Zwangs, und seine Nachkommen blieben in Knechtschaft. Diese Bindung von Seele und Geist an die menschliche Welt ist Sünde und wurde von Adam auf seine Nachkommen vererbt. Sie ist die Schlange, die immer im Geiste seiner Nachkommen lebt und mit ihnen im Kampf steht. Diese Feindschaft währt immerfort. Denn die Bindung an die Welt wurde zur Ursache der Unfreiheit des Geistes, und sie ist das gleiche wie die Sünde, die von Adam auf seine Nachkommenschaft übertragen wurde. Durch diese Bindung werden die Menschen von wesentlicher Geistigkeit und erhabener Stufe ausgeschlossen. (FRAGEN S.211) Die Sünde Adams steht im Verhältnis zu seiner Stufe. Obgleich die Bindung an die irdische Welt auch gute Ergebnisse zeitigen mag, so ist sie doch im Vergleich zur Verbundenheit mit der geistigen Welt wie Sünde. Was für die Gläubigen eine gute Tat ist, kann für die Gott Nahen schon Sünde sein. Dies ist außer Frage gestellt. So ist körperliche Kraft in Beziehung zu geistiger nicht nur mangelhaft, sondern sogar Schwäche. Ebenso erscheint das körperliche Leben im Vergleich mit dem ewigen Leben im Königreich als Tod. (FRAGEN S.127) Als der heilige Odem Christi und die geheiligten Strahlen des Größten Gestirns sich verbreiteten, wurden die menschlichen Wirklichkeiten, nämlich die Menschen, die sich dem Wort Gottes zuwandten und den Reichtum seiner Gnadengaben empfingen, frei von dieser Bindung und Sünde, gewannen ewiges Leben, wurden aus den Fesseln des Zwangs gelöst und gelangten zur Welt der Freiheit. Sie wurden von den Schwächen der menschlichen Welt gelöst und mit den Tugenden des Königreiches gesegnet. Das ist die Bedeutung der Worte Christi: »Ich gab Mein Blut für das Leben der Welt.« Das heißt: Alle Heimsuchungen, Prüfungen und Trübsale, selbst das größte Martyrium habe Ich auf Mich genommen, um dieses Ziel, die Überwindung der Sünde, zu erreichen. Damit ist die Loslösung des Geistes von der menschlichen Welt und sein Hingezogenwerden zum göttlichen Reich gemeint, damit sich Seelen erheben, die zum innersten Wesen der Führung der Menschheit werden und zu Offenbarungen der Vollkommenheiten des höchsten Königreichs. (FRAGEN S.126) Wir haben es hingenommen, von Leiden und Kummer geprüft zu werden, damit ihr euch von allen irdischen Befleckungen heiligt. Warum weigert ihr euch dann, über Unsere Absicht in euerem Herzen nachzudenken? ... Wir haben die Last aller Trübsale ertragen, um euch von aller irdischen Verderbnis zu heiligen, und dennoch seid ihr gleichgültig. (ÄL 141:2) Im Menschen sind zwei Naturen: seine geistige oder höhere und seine materielle oder niedere Natur. ln der einen nähert er sich Gott, wogegen er in der anderen nur der Welt lebt. Von beiden Naturen finden sich im Menschen Zeichen. In seiner materiellen Art bringt er Lüge, Grausamkeit und Ungerechtigkeit zum Ausdruck, die alle seiner niederen Natur entspringen. Die Eigenschaften seiner göttlichen Natur erscheinen als Liebe, Erbarmen, Güte, Wahrheit und Gerechtigkeit, und sie sind eine wie die andere Ausdruck seines höheren Wesens. Alles gute Gebaren, jeder edle Zug, gehört der geistigen Natur des Menschen an, wogegen alle seine Unzulänglichkeiten und bösen Taten aus seiner materiellen Wesensart heraus geboten werden. Überwiegt bei einem Menschen die göttliche Natur gegenüber der menschlichen, so haben wir einen Heiligen. Der Mensch hat die Kraft zum Guten wie auch zum Bösen. Wenn die Kraft zum Guten vorherrscht und seine Neigungen zum Unrechten überwunden werden, mag der Mensch mit Recht als Heiliger bezeichnet werden. Doch wenn er stattdessen das, was Gottes ist, verwirft und seine üblen Leidenschahen über sich siegen lÄt, ist er nicht besser als ein Tier. Heilige sind Menschen, die sich von der Welt des Stoffes freigemacht und die Sünde überwunden haben. Sie leben in der Welt, sind aber nicht von ihr, ihre Gedanken weilen dauernd in der Welt des Geistes. Sie verbringen ihr Leben in Heiligkeit, und ihre Taten zeigen Liebe, Gerechtigkeit und Frömmigkeit. Sie werden aus der Höhe erleuchtet und sind wie helle, strahlende Lampen an den dunklen Plätzen der Erde. Das sind die Heiligen Gottes. (PARIS S.44) Wenn eine Seele dem Offenbarer fernbleibt, so mag sie dennoch erweckt werden; denn dieser Mensch erkannte den Träger der Offenbarung der göttlichen Vollkommenheit nicht. Wenn er aber die göttliche Vollkommenheit selbst, in anderen Worten den Heiligen Geist, verabscheut, ist es klar, daß er wie eine Fledermaus ist, die das Licht haßt. Gegen diese Ablehnung des Lichtes gibt es kein Mittel, und sie kann nicht verziehen werden; für diesen Menschen ist es unmöglich, Gott nahezukommen ... Es ist klar, daß die Menschen von der Freigebigkeit des Heiligen Geistes, der in den göttlichen Offenbarern erscheint, Gnade empfangen, und nicht von der Persönlichkeit des Offenbarers. Wenn daher eine Seele keine Gnade von den Gnadengaben des Heiligen Geistes empfängt, bleibt sie der göttlichen Gabe beraubt, und die Verbannung selbst stellt diesen Menschen außerhalb der Reichweite der Verzeihung. (FRAGEN S.128) | 
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