Manche Sophisten glauben, daß das Dasein eine Illusion und jedes Geschöpf eine reine Sinnestäuschung ohne Existenz sei; mit anderen Worten, die Existenz der Wesen sei wie eine Luftspiegelung oder wie die Widerspiegelung eines Bildes im Wasser oder in einem Spiegel, was nur eine Erscheinung sei und in sich keinen Ursprung, keine Grundlage oder Wirklichkeit habe.
Diese Theorie ist irrig, denn obwohl die Existenz der Daseinsformen in Beziehung zur Existenz Gottes eine Illusion ist, ist sie auf der Stufe des Daseins eine wirkliche und festgegründete Existenz. Es ist zwecklos, dies zu leugnen. Zum Beispiel ist das Dasein des Minerals im Vergleich zu dem des Menschen Nichtsein; denn wenn der Mensch scheinbar zu Nichts wird, wird sein Körper zum Mineral; aber im Mineralreich hat das Mineral Dasein. Es ist demnach klar, daß Erde im Vergleich zum Dasein des Menschen nicht existiert und ihr Dasein Illusion ist; aber in Beziehung zum Mineral hat sie Dasein.
In gleicher Weise ist das Dasein der Geschöpfe im Vergleich zum Dasein Gottes nichts als Illusion und Nichtsein; es ist eine Erscheinung wie das vom Spiegel zurückgeworfene Bild. Aber obgleich ein Bild, das in einem Spiegel gesehen wird, eine Illusion ist, so ist doch die Quelle und die Wirklichkeit dieses Scheinbildes die widergespiegelte Person, deren Gesicht im Spiegel erscheint. Kurz, das Spiegelbild ist im Vergleich mit der widergespiegelten Person eine Illusion.
So ist es klar, daß das Erschaffene, obwohl es in Beziehung zur Existenz Gottes kein Dasein hat, sondern der Luftspiegelung oder der Widerspiegelung im Spiegel gleicht, auf seiner eigenen Stufe dennoch existiert.
Darum wurden jene, die Gott nicht beachteten, und die Verleugner Christi als tot bezeichnet, obwohl sie offensichtlich lebten; aber im Vergleich zu den Gläubigen waren sie tot, blind, taub und stumm. Dies meinte Christus, als Er sprach: »Laß die Toten ihre Toten begraben.«
aus Abdu'l-Baha, Beantwortete Fragen