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Die Unsterblichkeit
des Geistes, Teil 2

Die Unsterblichkeit  des Geistes

Gestern sprachen Wir über die Unsterblichkeit des Geistes. Wisse, daß Kraft und Fassungsvermögen des menschlichen Geistes von zweierlei Art sind, das heißt, es gibt zwei verschiedene Weisen des Wahrnehmens und Handelns. Der eine Weg ist mittels Werkzeugen und Organen: Mit diesem Auge sieht er, mit diesem Ohr hört er, und mit dieser Zunge spricht er. Auf diese Weise erfolgt die Tätigkeit des Geistes und die Wahrnehmung der Wirklichkeit des Menschen mit Hilfe von Organen. Mit anderen Worten, der Geist ist durch die Augen der Sehende, durch das Ohr ist er der Hörende und durch die Zunge ist der Geist der Sprechende.

Die andere Äußerung der Kräfte und Handlungen des Geistes erfolgt ohne Werkzeuge und Organe. Zum Beispiel sieht er im Zustand des Schlafes ohne Augen, ohne ein Ohr hört er, ohne eine Zunge spricht er und ohne Füße läuft er. Kurz, diese Handlungen sind jenseits der Mittel von Werkzeugen und Organen. Wie oft kommt es vor, daß der Geist in der Welt des Schlafes einen Traum sieht, dessen Bedeutung erst zwei Jahre später durch entsprechende Ereignisse sichtbar wird. Und wie oft geschieht es, daß ein Problem, das man in der Welt des Wachseins nicht lösen kann, in der Welt der Träume gelöst wird. Im Wachsein sieht das Auge nur auf eine kurze Entfernung, in den Träumen aber sieht der, welcher sich im Osten befindet, den Westen. Im Wachen sieht er die Gegenwart, im Schlafe die Zukunft. Im Wachsein kann er mit schnellen Verkehrsmitteln höchstens zwanzig Parasange in der Stunde¹ reisen, im Schlaf durchmißt er in einem Augenblick den Osten und den Westen. Denn der Geist reist auf zwei verschiedene Arten: ohne Mittel was gleich geistigem Reisen, und mit Hilfsmitteln, was gleich körperlichem Reisen ist, wie Vögel, die fliegen, und solche, die getragen werden.

¹ Parasange = Farsach, persisches und türkisches Längenmaß, das zwischen 7 und 10 km schwankt.

Im Schlafe ist der Körper wie tot; er sieht und hört nicht, fühlt nicht und hat weder Bewußtsein noch Wahrnehmung, das heißt, die Kräfte des Menschen ruhen, aber der Geist ist lebendig und tätig. Ja, sein Einfluß ist stärker, sein Flug höher und seine Erkenntnis größer. Anzunehmen, daß der Geist nach dem Tod des Körpers zugrunde gehe, ist wie die Vorstellung, daß ein Vogel in einem Käfig umkäme, wenn der Käfig zerbrochen wird, obwohl ja der Vogel von der Zerstörung des Käfigs nichts zu fürchten hat. Unser Körper ist dem Käfig und der Geist dem Vogel zu vergleichen. Wir sehen, daß ohne den Käfig dieser Vogel in der Welt des Schlafes fliegt; wenn daher der Käfig zerbricht, wird der Vogel unversehrt weiterleben; seine Empfindungen werden sogar tiefer, seine Wahrnehmungen weiter und sein Glück größer sein. Er ist wahrlich von der Hölle zu einem Paradies der Freuden aufgestiegen, weil es für die dankbaren Vögel kein schöneres Paradies als die Freiheit vom Käfig gibt. Darum eilen auch die Märtyrer in höchster Freude und Glückseligkeit zur Stätte der Hingabe.

Im Wachsein sieht das menschliche Auge höchstens auf eine Wegstunde Entfernung¹, weil durch die Vermittlung des Körpers die Kraft des Geistes so begrenzt wird; mit der inneren Sicht und dem geistigen Auge aber sieht er Amerika, kann wahrnehmen, was dort ist, dortige Zustände entdecken und Angelegenheiten beeinflussen. Wenn nun der Geist mit dem Körper identisch wäre, müßte die Kraft der inneren Schau auch im selben Verhältnis stehen. Es ist also klar, daß dieser Geist etwas anderes ist als der Körper, daß der Vogel etwas anderes ist als der Käfig und daß Kraft und Einfluß des Geistes ohne das Werkzeug des Körpers größer sind. Auch wenn das Werkzeug weggelegt wird, handelt der Besitzer des Werkzeugs weiter. Wenn zum Beispiel die Feder niedergelegt oder zerbrochen wird, so bleibt der Schreiber lebendig und gegenwärtig; wenn ein Haus niedergerissen wird, ist doch der Besitzer da und am Leben. Dies ist einer der logischen Beweise für die Unsterblichkeit der Seele.

¹ Es ist eine persische Sitte, Entfernung durch Zeit zu bestimmen.

Es gibt aber noch einen anderen: Dieser Körper wird schwach oder schwerfällig, krank oder wieder gesund; er wird müde oder ist ausgeruht; manchmal werden Hand oder Bein amputiert, oder seine physische Kraft wird geschwächt; er wird blind, taub oder stumm; seine Glieder können gelähmt werden; kurz, der Körper kann alle Unvollkommenheiten haben. Der Geist jedoch bleibt immerfort und ewig in seinem ursprünglichen Zustand und in seinem eigenen geistigen Wahrnehmungsvermögen; er wird weder von Unvollkommenheit noch von Lähmung befallen. Wenn aber der Körper von Unglück und Krankheit völlig beherrscht wird, geht er der Gaben des Geistes verlustig, einem Spiegel gleich, der, wenn er zerbrochen, schmutzig oder staubig ist, die Strahlen der Sonne nicht zurückwerfen und nicht länger ihre Gaben zeigen kann.

Wir haben schon früher erklärt, daß der Geist des Menschen nicht im Körper ist, weil er von Eintreten und Ausgehen als körperlichen Vorgängen frei und geheiligt ist. Die Verbindung des Geistes mit dem Körper ist wie die der Sonne mit dem Spiegel. Kurz, der menschliche Geist ist in einheitlichem Zustand; er wird weder durch die Krankheit des Körpers krank noch durch dessen Gesundheit geheilt; er wird weder verdorben noch schwach oder elend, weder mager noch leicht oder klein. Das heißt, er wird durch die Schwächen des Körpers nicht beeinträchtigt und zeigt keinerlei Wirkung, auch wenn der Körper schwach wird oder Gehör und Gesicht verliert, oder gar Hände und Füße und Zunge abgenommen werden. Es ist also klar und gewiß, daß der Geist etwas anderes ist als der Körper und daß sein Fortleben von dem des Körpers unabhängig ist; der Geist herrscht im Gegenteil mit größter Erhabenheit über die Welt des Körpers, und seine Macht und sein Einfluß sind wie die Gaben der Sonne im Spiegel sichtbar und offenkundig. Doch wenn der Spiegel staubig wird oder zerbricht, hört er auf, die Strahlen der Sonne zurückzuwerfen.

aus Abdu'l-Baha, Beantwortete Fragen

 

 

 

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