| Die
Bahai Religion
| 
Bahai Weltzentrum, Haifa, Israel
|
1) Baha'u'llah: Der Stifter der Bahai-Religion
Vor über hundert Jahren hat Baha'u'llah sehr deutlich
die Krise der Menschheit vorausgesehen und gleichzeitig
auch den Weg zur Lösung der Weltprobleme aufgezeigt.
Er hat zu einer vollständigen Neuordnung der Welt
aufgerufen und die geistigen Grundlagen für ein
künftiges Zeitalter der Reife und Einheit der ganzen
Menschheit in ihrer Vielfalt in seinen Schriften niedergelegt.
Das
neue, von Baha'u'llah angekündigte Zeitalter wird
u.a. folgende positive Merkmale aufweisen:
1)
Die Beseitigung aller Formen von Vorurteilen
2) Die Gleichberechtigung von Mann und Frau
3) Anerkennung der grundsätzlichen Einheit der
Weltreligionen
4) Die Beseitigung der Extreme von Armut und Reichtum
5) Universale Erziehung und eine Welthilfssprache
6) Die Harmonie zwischen Wissenschaft und Religion
7) Ausgewogenheit zwischen Natur und Technologie
8) Die Errichtung eines Weltgemeinwesens, in welchem
alle Völker vereint sind und die Autonomie der
Mitgliedsstaaten sowie die persönliche Freiheit
und individuelle Initiative gewährleistet werden. |

Bahai-Konferenz in Frankfurt am Main,
Februar 2009, mit mehr als 4.000 Bahai
|
2) Wer ist Baha'u'llah?
Baha'u'llah (arabisch, "Herrlichkeit Gottes")
wurde am 12. November 1817 in Teheran, Persien, geboren.
Er wandte sich schon als junger Mann von einem wohlhabenden
Leben ab, das er — sein Vater war Minister am
Hof des Schah — hätte führen können.
Er opferte Freiheit und Besitz und widmete sein Leben
der Verbreitung von Lehren, Grundsätzen und Gesetzen,
die der geistigen Erneuerung der Menschheit dienen sollen.
Seine Sendung stellt nach Bahai-Überzeugung die
Erfüllung des Wirkens von Buddha, Christus, Mohammed
und Stiftern der anderen Weltreligionen dar.
Schon
früh wurde er ein Anhänger des Bab. Der Bab
erhob den Anspruch, der Träger einer unabhängigen
Gottesoffenbarung zu sein. Er verkündete am 23.
Mai 1844, dass seine Sendung die Menschheit auf das
Kommen eines neuen Gottesoffenbarers vorbereiten soll,
der von allen Weltreligionen verheissen wurde.
Baha'u'llah
und andere Anhänger des Bab wurden von der islamischen
Geistlichkeit und der Regierung Persiens, die den Anspruch
des Bab als ketzerisch verwarfen, brutal verfolgt. Mehr
als 20.000 Gläubige fielen den Massakern in Persien
zum Opfer. Der Bab wurde verhaftet, geschlagen und eingekerkert.
Am 9. Juli 1850 wurde er öffentlich in der nordiranischen
Stadt Tabriz von einem Erschiessungskommando hingerichtet.
Baha'u'llah wurde in 1852 in ein berüchtigtes Gefängnis in Teheran gebracht, ein ehemaliges Wasserreservoir, wo er zusammen mit anderen Anhängern des Bab in schwere Ketten gelegt wurde.
Nach
vier Monaten Kerkerhaft wurde er nach Bagdad verbannt.
Dort erklärte Baha'u'llah 1863 öffentlich
seine Sendung als Gottesoffenbarer. Die iranische Regierung
bestand auf weitere Verbannnung Baha'u'llahs, die ihn
zunächst nach Konstantinopel (Istanbul), Adrianopel
(Edirne) und schliesslich in die Gefängnisstadt
Akka führte.
Während
seines Aufenthaltes in Adrianopel verkündete Baha'u'llah
seine Sendung den Königen und Herrschern der Welt
und ihren religiösen Führern, darunter Napoleon
III, Königin Victoria, Kaiser Wilhelm I, Zar Alexander
II, Kaiser Franz Josef, Papst Pius IX., Sultan 'Abdu'l-Aziz
und Nasiri'd-Din Shah.
In
diesen Sendschreiben sagte Baha'u'llah den Anbruch eines
neuen Zeitalters voraus. Er forderte ferner die Herrscher
auf, ihre Streitigkeiten beizulegen, die Rüstungen
zu verringern und sich zu einem Staatenbund zusammen
zu schliessen, da nur kollektives Handeln den Krieg
bannen und einen dauerhaften Frieden schaffen könnte.
Gott "wünscht, die ganze menschliche Rasse als eine Seele und einen Körper zu betrachten", schrieb Baha'u'llah, "Alle Menschen wurden geschaffen, um eine ständig fortschreitende Kultur voranzutragen".
1868
erreichte Baha'u'llah den endgültigen Bestimmungsort
seines vieljährigen Exils: die Gefängnisstadt
Akka. Als Gefangener des osmanischen Reiches fuhr er
mit der schriftlichen Niederlegung seiner Lehren und
Gesetze fort. So entstanden mehr als hundert Bände,
die zum grundlegenden Schriftum des Bahai-Glaubens gehören.
Gegen
Ende seines Lebens wurde Baha'u'llah — obwohl
das Urteil über seine Gefangenschaft noch in Kraft
war — erlaubt, sich in dem Ort Bahji aufzuhalten.
Baha'u'llah verstarb am 29. Mai 1892 in Bahji, wo sich
auch seine Grabstätte befindet - ein Ort der Pilgerfahrt
für die Bahai. | Bahai Haus der Andacht
Neu-Delhi, Indien |
3) Woran glauben die Bahai? Einheit der Religionen — Einheit der Menschheit
Alle Religionen entstammen einem göttlichen Ursprung.
Jeder Offenbarer wurde von Gott mit einer bestimmten
Sendung betraut. Jeder von ihnen — Moses, Krishna,
Buddha, Zoroaster, Christus, Mohammed und Baha'u'llah
— brachte der Menschheit die Lehre, die jeweils
ihren Bedürfnissen und ihrer Fassungskraft entsprachen.
Für Bahai ist diese fortschreitende Gottesoffenbarung
ein nie endender Vorgang. Alle Religionen sind Stufen
eines göttlichen Planes. Die Sendung Baha'u'llah
ist die Einheit der Menschheit bei Erhaltung der kulturellen
Vielfalt.
Die Ablehnung von Vorurteilen
Vorurteile gegenüber anderen Ethnien, Religionen,
Klassen und Nationalitäten verzögern die Entwicklung
der Einheit. Eine durch das Recht aller Länder
anerkannte Gleichwertigkeit der Menschen ist notwendig.
Gleichwertigkeit von Mann und Frau Die Ablehnung der Gleichwertigkeit der Geschlechter stellt eine Ungerechtigkeit gegen die Hälfte der Weltbevölkerung dar und fördert störende Verhaltensweisen und Gewohnheiten, die aus dem Familienkreis zum Arbeitsplatz, ins gesellschaflicher Leben und schliesslich bis in die internationalen Beziehungen weiter getragen werden. Mädchen müssen eine gleichwertige Ausbildung erhalten. Harmonie zwischen Religion und Wissenchaft Religion und Wissenschaft — die beiden mächtigsten Kräfte im menschlichen Leben — werden als zwei in Einklang stehende Aspekte der Wirklichkeit gesehen. |  |
4) Was tun Bahai zur Erreichung ihrer Grundsätze? Zusammenarbeit mit der UNO Die internationale Bahai-Gemeinde ist Mitglied mit beratendem Status im Wirtschafts- und Sozialrat (ECOSOC) und dem Kinderhilfswerk (UNICEF) der UNO. In diesem Gremium arbeiten Bahai hauptsächlich an Fragen der Menschenrechte, der sozialen Entwicklung, dem Status der Frau, der Umwelt, der Ernährung, der Wissenschaft und Technik, der Drogenbekämpfung, der Jugend, der Familie sowie der Abrüstung und der Friedenssicherung mit. Die internationale Bahai-Gemeinde arbeitet ferner eng mit internationalen Organisationen zusammen: So ist sie u.a. Mitglied des "World Wide Fund for Natures-Network on Conservation and Religion".
Soziale
und wirtschaftliche Entwicklungsprojekte
Bahai-Gemeinden auf der ganzen Welt arbeiten an sozialen
und wirtschaftlichen Entwicklungsprojekten. Die Betonung
der Notwendigkeit universaler Erziehung in den Bahai-Lehren
hat zur Errichtung von Schulen in Afrika, Asien und
Amerika geführt. Die Bahai selbst betreiben zahlreiche
Grund- und weiterführende Schulen. Zu den sozialen
Entwicklungsprojekten gehören auch Krankenhäuser,
Ausbildungsprogramme für Frauen, genossenschaftlich
organisierte Landwirtschaftsbetriebe und Fischereiprojekte.
Zudem sind weltweit sieben Radiostationen mit Erziehungsprogrammen
in Betrieb.
Link: Bahai International
Community | |
5)
Wie wird man in den Glauben aufgenommen?
Als Vorraussetzung für die Anerkennung als Bahai-Gläubiger
gilt: die Anerkennung der Stufe des Vorläufers
(des Bab), des Stifters (Baha'u'llah) und des bevollmächtigten
Auslegers des Bahai-Glaubens (Abdu’l-Baha) sowie
Verbundenheit mit dem Geiste und der Form der Bahai-Verwaltung.
Eine spezielle Zeremonie oder ein Ritual kennt die Bahai-Religion
nicht. Bahai-Kinder werden sowohl über den eigenen
Glauben als auch über die anderen Religionen unterrichtet.
Mit 15 Jahren können sie sich selbständig
für eine Religion entscheiden. | |
6) Was bedeutet der Tod für Bahai? Die Seele des Menschen ist eine geistige Wirklichkeit und bleibt auch nach dem körperlichen Tode bestehen. "Das Jenseits ist so verschieden vom Diesseits wie diese Welt von der des Kindes, das noch im Mutterleib ist." (Baha'u'llah).
"Was
die Seele des Menschen nach dem Tod betrifft, so bewahrt
sie den Grad der Reinheit, zu dem sie sich während
des Lebens im physischen Körper entfaltet hat,
und nach ihrer Befreiung vom Körper bleibt sie
vom Meer der Gnade Gottes überflutet" (Abdu’l-Baha).
Die Feuerbestattung wird als unnatürlich abgelehnt. In Bezug auf Bahai-Beerdigung soll auf schlichte Würde geachtet werden. Beim Begräbnis werden entsprechende Bahai-Gebete und Textstellen aus den Heiligen Schriften der Bahai gelesen. | Bahai Haus der Andacht
in Kampala, Uganda |
7)
Gesetzliche Anerkennung der Bahai-Religion
Ihre hohen moralischen Grundsätze, ihr Wirken für
Versöhnung und den Abbau von Vorurteilen sowie
ihre positive gemeinschaftsbildende Kraft haben den
Bahai-Gemeinden internationales Ansehen gebracht. Für
ihre Bemühungen um den Weltfrieden wurde die Bahai-Weltgemeinde
mit dem Peace Messenger-Preis der Vereinten Nationen
ausgezeichnet. Der Bahai-Glaube ist in zahlreichen Ländern
gesetzlich anerkannt. | 
|
8) Wie ist der Glaube organisiert?
Die Bahai-Religion kennt kein Priestertum. Der Glaube
stützt sich auf ein System örtlicher, nationaler
und internationaler Verwaltungsgremien, das von Baha'u'llah
begründet, von Abdu’l-Baha ausgearbeitet
und von Shoghi Effendi eingesetzt wurde.
Die Angelegenheiten einer örtlichen Bahai-Gemeinde werden von einem aus neun Mitgliedern bestehenden jährlich gewählten Lokalen Geistigen Rat verwaltet. Auf Landesebene wird jedes Jahr von Delegierten ein aus neun Mitgliedern bestehendes Gremium, der Nationale Geistige Rat, gewählt. Die Wahl des internationalen Gremiums, das Universale Haus der Gerechtigkeit, erfolgt alle fünf Jahre an seinem Sitz in Haifa anlässlich einer Tagung aller Mitglieder der Nationalen Geistigen Räte. Alle Bahai Wahlen sind geheime Wahlen ohne Kandidaturen und Wahlpropaganda.
Bei
der Verwaltung der Gemeindeangelegenheiten handeln die
Bahai-Institutionen nach dem Prinzip der Beratung. Sämtliche
Themen werden im offenen Gespräch und mit dem Wunsch
behandelt, die Fakten zu ermitteln und zu einer Entscheidung
zu gelangen, die auf geistigen Grundsätzen basiert
und von jeglichem persönlichen Interesse frei ist.
In
den Häusern der Andacht werden Texte aus den Schriften
aller göttlich offenbarten Religionen gelesen.
Derzeit gibt es Häuser der Andacht in Wilmette
(USA), Hofheim (Deutschland), Kampala (Uganda), Sydney
(Australien), Panama City (Panama), Neu Delhi (Indien)
und Apia (West-Samoa).
Die Bahai-Aktivitäten werden durch freiwillige und anonyme Spenden (nur dern Rechner ist der Name des Spenders bekannt) ausschliesslich von Bahai getragen. Finanzielle Beiträge von Nicht-Bahai dürfen nicht angenommen werden. Es bleibt dem Gewissen des einzelnen Gläubigen überlassen, ob und wieviel er spenden möchte. Die Eigenverantwortung des Einzelnen sowie die Unabhängigkeit des Bahai-Glaubens sollen so gewährleistet werden. |
Universales
Haus der Gerechtigkeit
Bahai-Weltzentrum, Israel |
9) Gibt es Bahai-Gesetze und Regeln? Bahai sollen wenigstens einmal täglich beten und in den Heiligen Schriften lesen. Zudem ist eine Fastenzeit vom 2. bis 21. März jedes Jahres vorgeschrieben. Bahai können Positionen in der Staatsverwaltung bekleiden und entsprechende Ernennungen akzeptieren, dürfen aber nicht Mitglied einer politischen Partei sein. Die Bahai sind verpflichtet, sich dem Staat gegenüber, in dem sie leben loyal zu verhalten und die Autorität der ordnungsgemäss eingesetzten Regierung anzuerkennen. Sollten Gesetze dieses Staates gegen die Menschenrechte verstössen, ist eine Veränderung gewaltlos zu erreichen. Bahai lehnen den Genuss von Alkohol und Drogen jeder Art ab. Nicht gestattet ist Askese, Mönchstum, Beichte, Feuerbestattung, Glücksspiel und Bettelei. |
Bahai
Haus der Andacht in Panama |
|
|